Versorger muss bei Leitungsrechten auf privaten Grundstücken Entschädigung zahlen!
Das Grundbuchbereinigungsgesetz begründet mit seinem Inkrafttreten eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an Grundstücken. Im Gegenzug erhalten die Eigentümer eine Entschädigung.
Mit Urteil vom 28.11.2003 (Az. V ZR 129/03) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Regelung verfassungsgemäß ist. Für das Entstehen der Dienstbarkeit kommt es allein darauf an, ob das betroffene Grundstück am 03.10.1990 für Energiefortleitungsanlagen genutzt wurde (§ 9 Abs. 1 Satz 1 GBBerG). Unerheblich ist, ob zu DDR-Zeiten ein Mitbenutzungsrecht abgesichert war.
Der Gesetzgeber hatte nach der Wiedervereinigung zu berücksichtigen, dass in den neuen Bundesländern die Grundbücher gerade in den ländlichen Gebieten zu einem sehr großen Teil nicht aktualisiert waren. Angesichts der großen Zahl von Anlagen und betroffenen Grundstücken wäre es den Energieversorgern praktisch nicht möglich gewesen, innerhalb des im Einigungsvertrag vorgesehenen Zeitraums von 20 Jahren die betroffenen Grundstücke und ihre Eigentümer festzustellen. Im Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens ging man von etwa 3 Mio. betroffenen Grundstücken aus.
Den betroffenen Eigentümern wird aber ein gesetzlicher Anspruch auf Entschädigung eingeräumt (§ 9 Abs. 3 GBBerG). Bei der Bewertung der Entschädigung werden häufig Fehler gemacht. Gerne orientieren die Versorgungsunternehmen auf den Stichtag des Inkrafttretens des Grundbuchbereinigungsgesetzes am 25.12.1993. Das ist aber nicht richtig. Der BGH hatte klargestellt, dass dem Interesse der Grundstückseigentümer nur durch Zubilligung eines vollen Ausgleichs und ein Abstellen auf die heutigen Grundstückswerte Rechnung getragen wird.
Die von den Versorgern praktizierte Herangehensweise für die Bewertung einer Entschädigung ist meist die Bemessung der Trassenlänge nebst eines Schutzstreifens, wobei daran häufig 10 % des Bodenwertes angesetzt werden. Dies kann aber eine unangemessene Entschädigung sein. Es kommt auf die Einzelumstände an. Auch eine Entschädigung von 100% ist denkbar, zum Beispiel wenn die Bebaubarkeit eines Grundstückes durch die Leitungen zunichte gemacht wird.
Abweichende Vereinbarungen für eine Entschädigung nach dem Grundbuchbereinigungsgesetz hat der Gesetzgeber zugelassen (§ 9 Abs. 3 Satz 6 GBBerG). Es kann also verhandelt werden. Betroffene Grundstückseigentümer müssen selbst die Initiative ergreifen. Nach Eintragung einer Dienstbarkeit für das Versorgungsunternehmen sollte unverzügliche eine Zahlungsaufforderung erfolgen. Ohne Aufforderung ist das Versorgungsunternehmen zur Zahlung nicht verpflichtet.
Gleiches gilt im Übrigen für wasserwirtschaftliche Anlagen, also Wasser- und Abwasserleitungen.
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