Kein Wegerecht durch Gewohnheitsrecht!
Es entsteht im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn kein Wegerecht durch Gewohnheitsrecht, auch nicht durch jahrzehntelange Übung. So hat es der Bundesgerichtshof am 24.01.2020 – V ZR 155/18 – entschieden.
Sachverhalt:
Drei nebeneinanderliegende Grundstückseigentümer mit drei aneinandergrenzenden Häusern hatten im rückwärtigen Bereich Garagen errichtet, die nur über das Grundstück eines vierten Nachbarn erreicht werden konnten. Rund 47 Jahre hat die Nutzung der Zuwegung über das Grundstück des beklagten Nachbarn funktioniert, bis es zu einem Eigentümerwechsel kam. Der neue Nachbar untersagte die Nutzung seines Grundstücks.
Urteil:
Zu Recht! Die Kläger hatten kein Wegerecht durch Gewohnheitsrecht erworben. Das Gesetz sieht den Erwerb eines Wegerechts im Grundbuch nur durch Einigung und Eintragung vor.
Neben dem Grundbuch kann ein Wegerecht durch einen Vertrag begründet werden. Den Vertrag – die unentgeltliche Nutzung – hat aber der Eigentümer gekündigt.
Eine Berufung auf ein Notwegrecht war für die Nachbarn teilweise nicht möglich, weil das Notwegrecht nur eine „ordnungsgemäße“ Nutzung erlaubt. Die Garagen waren aber ohne Baugenehmigung errichtet. Ohne eine gesicherte Zuwegung sind die Garagen auch künftig nicht genehmigungsfähig.
Allein für ein gewerblich genutztes Grundstück besteht die Chance auf ein Notwegrecht. Allerdings muss die ordnungsgemäße Grundstücksnutzung zur Umgebung und zum Grundstück passen.
Über das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis kann ebenfalls kein Recht für ein Wegrecht hergeleitet werden. Denn über die Bestimmung zum Notwegrecht ist das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis bereits gesetzlich ausgestaltet.
Praxishinweis:
Über das Gewohnheitsrecht existieren viele Fehlvorstellungen. Gewohnheitsrecht entsteht durch eine längere tatsächliche Übung, die eine gleichmäßige und allgemeine sein muss und von den beteiligten Rechtsgenossen als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird. Wegen des abstrakt-generellen Regelungsgehaltes von Gewohnheitsrecht kann begrenzt auf einen Einzelfall kein Gewohnheitsrecht entstehen. Nachbarn untereinander können somit kein Gewohnheitsrecht begründen.
Ob die jahrelange Duldung eines Grundstücks ein Notwegrecht begründen kann, ist umstritten.
Betroffene Nachbarn sollten sich rechtzeitig um die Eintragung eines im Grundbuch gesicherten Wegerechts bemühen.
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